Ein neues Spielzeug musste her

Ich muss vorausschicken, dass ich noch zu einer Generation gehöre, für die eine Wählscheibe Bestandteil eines ordentlichen Telefonapparates war. Schon die Einführung von Tasten erschien mir zunächst als Teufelszeug. Diese Tasten hatte ich schon tausendfach in amerikanischen Filmen gesehen, aber ein Tastentelefon in meiner Wohnung wollte ich mir nicht so richtig vorstellen.

Einen Telefonapparat ohne Kabel, welches sich ständig verdreht, entsprach dann schon eher meinen Vorstellungen und so war ich schon sehr früh Besitzer eines Handys. Das Wort „Handy” klingt zwar englisch, wird aber in der englischsprachigen Welt nicht so verstanden, wie wir es meinen. Dort heißt ein solches Gerät „mobile” oder „cellular phone”.

Mein erstes Handy war groß und schwer. Der Akku reichte gerade mal für 25-30 Minuten Telefonie, die Standby-Zeit lag bei knapp acht Stunden. Dafür lag es gut in der Hand, man kam sich mit diesem Faustkeil nie nackt und unbewaffnet vor.

Jahre später, ich besaß bereits mein zweites oder drittes Handy, sah ich meinen Erstling in einem Krimi, der in Berlin spielte, wieder. Die Handlung war absolut unglaubwürdig, da die handelnden Beamten viel zu häufig und viel zu lange mit den Geräten telefonierten. Meine Überlegungen gingen damals allerdings eher dahin, ob man einen Täter eher durch einen Wurf mit dem Handy oder mit der Dienstpistole außer Gefecht setzen könne.

Nach den Erfahrungen mit meinem ersten teutonischen Handy griff ich dann zu finnischen Modellen. Die waren kleiner und deren Akku erlaubte einen längeren Betrieb. Außerdem waren sie in der Lage, einfache Internetseiten anzuzeigen. Das war aber teuer.

Mein letztes Handy kam nicht aus Finnland und war eine Fehlkonstruktion. Es konnte fotografieren und filmen, aber die Autovervollständigung beim Schreiben einer SMS war eine Katastrophe. Trotzdem begleitete es mich mehr als fünf Jahre lang, – ich bin halt wertkonservativ.

In der S-Bahn, im Bus, im Café, ja selbst in der Apfelweinkneipe tauchten plötzlich Menschen auf, die ihr Handy streichelten. Ich dachte zunächst an eine neue Perversion. Dann hörte ich Begriffe wie iDies und iDas und auch Android. Gespräche drehten sich auf einmal um Apps, die man unbedingt haben müsste, und ich war außen vor. Endgültig frustriert war ich, als man mir bei der Eingangskontrolle zu einem Rock-Konzert den Fotoapparat abnahm und ich zusehen musste, wie hunderte von Konzertbesuchern ihre Handys streichelten und daraufhin schöne Konzertbilder auf ihren Handydisplays herumzeigen konnten.

Ich lernte ein neues Wort: Smartphone. Ich las über Smartphones. Eine Wählscheiben-App dafür habe ich bisher noch nicht gefunden, aber, hier sollte ich ehrlich sein, auch noch nicht gesucht. Irgendwann stellte ich fest, dass es Smartphones gibt, die auch ich mir leisten konnte. Vor ein paar Wochen wurde ich dann beim Feinkosthändler meines Vertrauens fündig: Ein Smartphone, welches ungefähr die Grundfläche meines ersten Handys besitzt, aber bedeutend flacher und leichter ist: Als Faustkeil und Wurfgeschoss ist es nicht zu gebrauchen.

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