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Reflexartiger Ruf nach Aufweichung des Datenschutzes

In Brüssel ist ein Terroranschlag verübt worden, der viele Opfer forderte, Tote und Verletzte. Und schon äußern sich Politiker in der Richtung, dass der Datenschutz unsere Sicherheit gefährde, dass der Sicherheit Vorrang eingeräumt werden müsse. Was wollen sie uns damit sagen? Will man nicht eher vom eigenen Versagen, vom Versagen der eigenen Behörden ablenken?

Der Bundesminister des Innern, Thomas de Maiziére, forderte sogleich, dass Sicherheit über den Datenschutz zu stellen sei, und der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier will die Regeln des Datenschutzes auf den Prüfstand stellen. Beide folgen den Stimmen im Internet und an mancher Wahlurne, die aus der Bundesrepublik Deutschland einen Staat mit sicheren Grenzen machen wollen, einen Staat, wie es ihn auf dem Gebiet der heutigen Bundesrepublik Deutschland jahrzehntelang schon einmal gab.

Dabei sitzen die zuständigen Behörden schon auf zu vielen Daten, zu vielen unwichtigen Daten, die es fast unmöglich machen, die berüchtigte Nadel im Heuhaufen zu finden. Die Nadel wird immer kleiner, der Heuhaufen wächst. Die von vorgeblich verantwortungsbewussten Politikern vorgeschlagenen Lösungen, taugen meist nur noch dazu, im Nachgang Verbrechen wie in Brüssel aufzuklären, nicht aber sie zu verhindern.

Wie schnell liefen Informationen und Bewegungsprofile von den Attentätern von Brüssel durch die Medien. Man „weiß“ auf einmal, dass sie ausgebildet waren, wo sie sich zuvor aufgehalten haben. Eigentlich ist es klar, dass man sie nicht hätte aus den Augen verlieren sollen, ja dürfen. Einer der Attentäter ist nach Informationen aus der Türkei sogar mit Hinweis auf sein Gefahrenpotential von der Türkei nach Belgien ausgeliefert worden. Was hat man mit den Informationen gemacht?

Es werden Informationen gesammelt. Es werden täglich an öffentlichen und nichtöffentlichen Plätzen Unmengen von Videomaterial aufgezeichnet, Videomaterial, das meist von äußerst fragwürdiger Qualität ist, Datenschrott. Früher gab es in der B-Ebene vor dem Frankfurter Hauptbahnhof einen Posten, an dem Beamte vor Videomonitoren saßen, die dann eingriffen, wenn sie es für notwendig erachteten. Heute tönt gelegentlich eine Lautsprecherstimme durch den Frankfurter Hauptbahnhof, die Reisende mahnt, auf ihr Gepäck zu achten, weil Diebesbanden durch den Bahnhof zögen. Geht es noch? Die Polizei als Mahner und Kommentator?

Natürlich ist die Polizei stark von Einsparungen betroffen, natürlich gibt es zu wenig Personal, um gleichzeitig zu große Datenmengen zu sichten und Präsenz auf den Straßen zu zeigen. Aber das sind Fehler, die unsere Politiker zu verantworten haben. Nicht überall kann die Technik den Menschen ersetzen, Noch weniger kann sie einen Menschen ersetzen, der Erfahrung und Überblick mitbringt und, vielleicht noch wichtiger, seine Arbeit gerne macht.

Diese Politiker nutzen jetzt nach jedem Anschlag das gleiche Vokabular, weil sie Angst um die eigenen Macht haben, eine Macht, die sie an populistische Parteien zu verlieren fürchten, weil sie schon längst nicht mehr in der Lage sind, ihre Politik den Menschen im Land zu vermitteln. Wahlbeteiligungen zeigen sehr deutlich, wie arm es um die Demokratie in unserem Land bestellt ist. Werte sind nichts mehr Wert.

Viel schlimmer ist aber, dass die Politik erst die Rahmenbedingungen geschaffen hat, die Ghettos wie bei Brüssel, Paris oder anderswo ermöglichen, Keimzellen von Verbrechen, Mord und Terror. Diese Stadtteile sind ja nicht naturgegeben. Sie wurden von Menschen geschaffen, geplant. Auch diese Menschen sollten für ihre Taten zur Rechenschaft gezogen werden.